Auch im Jahr 2021 befand sich die Welt im Griff der Pandemie – obwohl ein besserer Umgang mit dem Virus sowie fortschreitende Impfkampagnen dazu beitrugen, dass sich die Weltwirtschaft kräftig erholte. Die von den Zentralbanken bereitgestellte Liquidität und die fiskalische Unterstützung durch die Regierungen haben in diesem Jahr nicht nur das BIP-Wachstum, sondern auch die Finanzmärkte gestützt.

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Mit Blick auf das Jahr 2022 halten wir größtenteils an den sieben Megatrends fest, die wir vor Jahresfrist bereits skizzierten, auch wenn wir hier und da einige Anpassungen vorgenommen haben. Zum Beispiel sehen wir jetzt eine neue Reflations-Ära, also die Kombination einer weiterhin expansiven Geld- und Fiskalpolitik, die nicht nur die Erholung nach der Pandemie, sondern vor allem das langfristige Wachstum in Europa und den USA unterstützen wird.

Die folgenden sieben Megatrends sind für unsere Anlagestrategie von besonderer Bedeutung.

1. Eine neue "Reflations"-Ära

Nach Jahren der fiskalischen Abstinenz haben die Industrieländer die wachstumsorientierte Fiskalpolitik wiederentdeckt. Gleichzeitig bereiten sich die großen Zentralbanken darauf vor, ihre pandemiebedingten Notfallankaufprogramme schrittweise zurückzufahren, wobei sie ihre expansive Geldpolitik weitgehend beibehalten. Wir glauben daher, dass diese Entwicklungen eine neue Ära der Reflation einläuten, und zu großen und dauerhaften Veränderungen führen wird.

2. Geopolitik: Der anhaltende Aufstieg Asiens

Der zweite Megatrend betrifft den kontinuierlichen Aufstieg der asiatischen Länder an die Weltspitze der entwickelten Volkswirtschaften. Den Anfang machte Japan mit seinem rasanten Wirtschaftswachstum in den 1960er Jahren. In den 1980er Jahren folgte China mit seiner Reform- und Öffnungspolitik und überholte Japan im Jahr 2010 als zweitgrößte Volkswirtschaft, hinter den USA auf Platz Eins. Einen weiteren geopolitischen Trend sehen wir im dem wachsenden politischen Willen, die europäische Integration voranzutreiben.

3. Technologische Innovation

Der dritte Megatrend befasst sich mit dem Aufkommen von technologischen Innovationen. Dazu gehören eine Vielzahl von Einzelaspekten wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz (KI), Robotik, Smart Cities und Blockchain. Grundsätzlich ist die kontinuierliche Weiterentwicklung von Technologien nichts Neues, aber im Vergleich zu den Innovationen der vergangenen Jahrzehnte kommt bei diesem Trend ein neues wesentliches Element hinzu: nämlich das der maschinellen Intelligenz und die Entwicklung, dass diese Art von Intelligenz zunehmend mit der menschlichen Intelligenz konkurriert - und sie langfristig ersetzen wird.

4. Klimawandel

Der Anstieg der globalen Erwärmung stellt die großen Volkswirtschaften vor enorme Herausforderungen. Um einen katastrophalen Klimawandel zu verhindern, muss der Anstieg der globalen Temperatur auf 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden. Das bedeutet, dass die derzeitigen jährlichen Treibhausgasemissionen von rund 50 Mrd. Tonnen bis 2050 auf Null reduziert werden müssen. Europa spielt dabei eine Schlüsselrolle. Nicht nur, weil Europa in erheblichem Maße zu den weltweiten CO2-Emissionen beiträgt und daher eine Reduzierung der Emissionen in dieser Region zwingend erforderlich ist. Europa sollte darüber hinaus aufgrund seiner industriellen Kompetenz und Innovationskraft eine Vorreiterrolle bei der Produktion und Umsetzung grüner Technologien einnehmen.

5. Gleichheit

Betrachtet man den Megatrend zu mehr Gleichheit und Partizipation, so zeigen sich bei der Einkommensungleichheit erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Industrieländern. Diese hat über die letzten Jahrzehnte in den USA stärker zugenommen als in Europa. Allerdings stagniert dieser Trend seit einigen Jahren und in Europa gab es zuletzt sogar Anzeichen für einen leichten Rückgang. Dagegen ist der Anteil der reichsten 10% in Asien im gleichen Zeitraum zurückgegangen. Auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern war in den letzten zehn Jahren rückläufig. Der "Global Gender Gap"-Index, der seit 2006 jedes Jahr vom World Economic Forum berechnet wird, hat sich bis 2020 schrittweise verbessert. Insbesondere die europäischen Länder haben große Fortschritte bei der Geschlechterparität gemacht.

6. Gesunder Lebensstil

Ein weiterer gesellschaftlicher Megatrend ist das wachsende Bewusstsein für eine gesunde Lebensweise. Dies hat - neben einer zunehmend besseren medizinischen Grundversorgung - zu einem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung in der OECD geführt: In den vier großen Ländern der Eurozone (Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien) stieg die durchschnittliche Lebenserwartung von rund 79 Jahren im Jahr 2000 auf rund 82 Jahre im Jahr 2019. Auch wenn im Jahr 2020 pandemiebedingt ein Rückgang zu verzeichnen war, dürfte der allgemeine Aufwärtstrend - unterstützt durch Impfkampagnen und bessere Behandlungen von Covid-19 - intakt bleiben. Eine immer älter werdende Bevölkerung, die einen gesünderen Lebensstil pflegt, wird die Art und Weise, wie ältere Menschen konsumieren und arbeiten, nachhaltig verändern. Branchen, die sich in diesem Bereich spezialisieren, werden langfristig ein höheres Wachstumspotenzial aufweisen.

7. Infrastruktur 2.0

Die Infrastruktur einer Volkswirtschaft (wie Straßen, Stromnetze oder Häfen) stellt einen wichtigen wirtschaftlichen Motor dar. Unser letzter Megatrend, "Infrastruktur 2.0", ist die Integration intelligenter Technologien in diese öffentliche Infrastruktur. So können beispielsweise neue Straßen und Autobahnen gebaut werden, die Sensoren enthalten und Fahrzeuge verfolgen, die ebenfalls mit Sensoren ausgestattet sind. Das Zusammenspiel von Fahrzeug und Straße ermöglicht nicht nur eine bessere Verkehrssteuerung, sondern auch eine verbesserte Betriebseffizienz der Fahrzeuge, um deren CO2-Ausstoß zu verringern. Voraussetzung dafür ist allerdings der Ausbau von Strom- und Breitbandnetzen. Der Trend "Infrastruktur 2.0" vereint also verschiedene Aspekte der oben bereits genannten Megatrends.